Nach der Einnahme Griechenlands (1941) durch die Nationalsozialisten wurden durch diese viele schreckliche Gräueltaten begangen. Nach Ende des 2. Weltkrieges wurde
Griechenland zwar befreit, die Geschichte aufgrund verschiedener Ursachen aber nur bedingt aufgearbeitet. In den letzten Jahrzenten wurde aber die deutsch-griechische Erinnerungskultur immer stärker thematisiert, was sich beispielsweise in den diversen Besuchen deutscher Staatsoberhäupter (unter anderem in Kesariani) widerspiegelt. Die Mobilität stand dementsprechend thematisch im Zeichen dieser Erinnerungskultur, aber auch der gemeinsamen Freundschaft, was sich in dem gesetzten Titel der Mobilität „Erinnern und Versöhnen: Die deutsch-griechischen Beziehungen im Zweiten Weltkrieg und das Gedenken an die deutschen Kriegsverbrechen in Griechenland“ zeigt, und wurde uns durch das die Erasmus+-Förderung des ADD-Konsortiums ermöglicht, die alle Reisekosten finanzierte.
Am Sonntag, dem 09.03.2025, traten die Schülerinnen und Schüler des Geschichte Leistungskurses der 11. Stufe des VGL ihre Reise nach Griechenland um 13:00 Uhr an. Der eigentlich erst einen Tag später geplante Flug wurde aufgrund von Streiks der Fluggesellschaften einen Tag vorgezogen, was aber zum Glück kein größeres Problem darstellte, da die griechischen Gastfamilien uns gerne bereits einen Tag früher in Empfang nahmen. Wir kamen nach dem Abflug in Frankfurt a. M. und einer Zwischenlandung in Thessaloniki um circa Mitternacht in Athen an, wo wir – trotz der späten Uhrzeit – herzlich von unseren künftigen Gastfamilien in Empfang genommen wurden und im Anschluss die gemeinsame Reise nach Chaidari, einem Vorort Athens, antraten.
Am nächsten Tag standen dann zunächst Kennlernspiele und ein griechischer Tanz in der Schule an, um das Eis zu brechen und den Rest der Gruppe kennenzulernen. Im Nachgang betrachteten wir – zur thematischen Einstimmung auf das weitere Programm – den Film „The last notice“, der die Ermordung von 200 im KZ Chaidari inhaftierten griechischen Widerstandskämpfern durch die Nationalsozialisten thematisiert. Hier kamen wir zum ersten Mal in den gemeinsamen thematischen Austausch mit unseren griechischen Gastschülern, die uns – in Anknüpfung an den Film – viel über die sogenannten „Vergeltungsaktionen“ der deutschen Wehrmacht gegen die griechische Bevölkerung sowie die Auswirkungen dieser Kriegsverbrechen auf die lokale Bevölkerung erzählten. Aufgrund unserer vorbereitenden Arbeit im Geschichtsunterricht konnten wir das Gesagte mit unserem historischen Wissen zur deutschen Besatzungszeit verknüpfen und kamen so in einen äußerst interessanten Austausch, der uns deutlich vor Augen führte, wie sehr die griechische Bevölkerung unter der deutschen Besatzung zu leiden hatte.
Dies wurde am folgenden Tag vertieft, indem wir das bereits im Film angesprochene / gezeigte KZ in Chaidari besuchten, wo wir eine Führung durch den lokalen Bürgermeister erhielten. Das KZ befindet sich in einem militärischen Sperrbezirk, was den Zugang deutlich erschwerte, uns aber durch die griechischen Lehrkräfte sowie den Bürgermeister zum Glück ermöglicht wurde, da der „Block 15“ sehr eindrucksvoll war und deutlich machte, unter welch schrecklichen Bedingungen die Inhaftierten zu leiden hatten – wenngleich die militärische Nutzung nach Ende des Zweiten Weltkrieges viele dieser Spuren verwischte – und welche Rolle dieses KZ, das 1944 auch unrühmliche Erwähnung in der New York Times fand, bei der Unterdrückung und Verfolgung der griechischen Bevölkerung spielte, war es doch z. B. Durchgangslager für tausende von deportierten Juden, die von dort in die Vernichtungslager gebracht wurden. Im Gespräch mit den SchülerInnen erfuhren wir, dass Pläne existieren, den „Block 15“ zu einem Museum zu machen, was sowohl von griechischer als auch von unserer Seite als wichtig erachtet wird, da die momentane Situation der historischen Bedeutung des KZ nicht gerecht wird. Die griechischen SchülerInnen und Lehrkräfte zeigten sich während dieses Gespräches erstaunt darüber, wie mit solchen historischen Stätten in Deutschland umgegangen wird und welche Rolle sie in der schulischen Bildung und damit im Allgemeinen der Erinnerungskultur spielen.
Am Mittwoch stand dann das antike Athen auf dem Plan, weswegen wir die Akropolis sowie das Zentrum Athens besuchten und einiges über die Geschichte der griechischen Antike lernten bzw. Dinge sahen, die wir mit unserem unterrichtlichen Wissen verknüpfen konnten – so z. B. die Pnyx, auf der die Volksversammlungen im antiken Athen stattfanden.
Donnerstags nahmen wir unser eigentliches Thema wieder auf und fuhren nach Kesariani, einem Hinrichtungsort der nationalsozialistischen Besatzungszeit, an dem unter anderem die oben erwähnten 200 griechischen Widerstandskämpfer erschossen wurden. Dort gab es eine Führung durch das dazugehörige Museum, das sich der Besatzungszeit widmete und Einzelschicksale thematisierte, v. a. von Opfern der Nationalsozialisten, die noch keine 20 Jahre alt waren. Bezugnehmend auf den Besuch unseres Bundespräsidenten Herrn Steinmeiers in Kesariani beleuchteten wir die Bedeutung der gemeinsamen Geschichte für die diplomatischen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern. Wir waren uns einig, dass schon viel zur Versöhnung und Aufarbeitung getan wurde, aber Deutschland eine klare politisch-moralische Verantwortung gegenüber Griechenland habe.
Der Freitag diente dem gemeinsamen Abschluss sowie dem Resümieren des Erlebten, was in gemeinsam erstellte Präsentationen zur Mobilität mündete, die wir durch Quellen zum KZ (inklusive Zeitzeugenaussagen), Allgemeines zur deutschen Besatzungszeit Griechenlands sowie unser erworbenes Wissen inklusive Fotos der besuchten historischen Stätten anreicherten. Abends kamen wir dann erneut alle zusammen und aßen gemeinsam typisch griechisch zu Abend, was die gemeinsame Woche perfekt abrundete.
Samstags verabschiedeten wir uns dann von den Gastfamilien und besuchten noch ein letztes Mal die Innenstadt Athens, u. a. um – nun im Kreise des Leistungskurses – die antike Agora zu besichtigen. Dann traten wir anschließend die Rückreise nach Deutschland an und erreichten die Heimat am Samstag, den 15.03., um circa 22:00 Uhr.
Wir alle behalten die Mobilität nach Griechenland sehr positiv in Erinnerung. Die Griechen zeigten sich sehr offen und gastfreundlich. Der Austausch half uns, Freundschaften im Ausland zu schließen, zudem aber auch die gemeinsame Vergangenheit unserer Nationen aufzuarbeiten. Vor allem aber wurde uns durch den direkten Kontakt mit griechischen Gleichaltrigen sowie die gemeinsame Beschäftigung mit der deutsch-griechischen Geschichte vieles, insbesondere im Hinblick auf die langfristigen Auswirkungen historischer Ereignisse auf betroffene Gemeinschaften, klarer.
Vielen Dank daher an Erasmus+, dass uns diese Erfahrung ermöglicht wurde!
Wir freuen uns alle schon sehr auf den im November anstehenden Gegenbesuch in Deutschland!
Julian Schwed (MSS 11)